Bewegender Stillstand

31.05.2018


Manchmal scheint alles im Fluss, ganz egal was auch passiert.

Blut - fließt,
Tränen - fließen,
Worte - fließen,

wenn Zweifel sprießen.

 

Wenn

geliebte Personen sich abwenden,
wir an diese uns're Zeit verschwenden,
verzweifelt mit Worten und Händen
um sie ringen, unser Glück verpfänden

um dann doch im Regen zu stehen.

 

Und obwohl alles fließt
scheint die Zeit doch still zu steh'n,

wenn wir uns endlich dem Schmerz hingeb'n,

dann weder vor- noch rückwärts geh'n,
und leider nicht nach vorne seh'n.
No Future!

 

No Future? War das nicht der Gründungsmythos der Punks? Für einige traf das dann ja tatsächlich zu. 
Ich selbst habe dieses Credo nie verfolgt. Auch als Punk nicht. Ich habe immer um eine bessere Zukunft gerungen.

Und jetzt?

Politisch lang schon desillusioniert,

nach einigem Monaten im Job schnell frustriert,
überzeugt, dass Glück meist nur inszeniert

ist, und den meisten mehr schlechtes als Gutes passiert.

 

Ist das der Pessimismus unserer Zeit? Das Mimimi einer Generation, die oberflächlich gesehen so viele Möglichkeiten wie keine zuvor hat, der aber auch jegliche Sicherheiten und Zukunftsaussichten genommen werden?

 

Wir
studieren im Ausland - halt voll global,
ziehen für Jobs quer durch's Land - halt ganz normal,
leben mit 30 in WGs - ist doch nur ne Zahl,
sind flexibel entwurzelt - seelisch katastrophal,

und können den Traum vom Eigenheim wohl nie finanzieren, während Renten gekürzt werden , Bafög zum Kredit wird und Regelstudienzeiten Burnouts verursachen.

 

Und so rennt die Zeit und 8 Jahre nach dem Abitur sieht der Lebenslauf zwar mega aus, aber das Leben scheint sich kaum verändert zu haben. WG-Leben und Pläne im Hier und Jetzt, Kinder? Irgendwann! Klar, sicher, unbedingt, keine Frage, wirklich. Aber nicht jetzt... Seit 8 Jahren. Doch wann dann?

 

Dann faseln junge und nicht mehr ganz so junge Menschen von Freiheit statt Bindung, Spaß statt Verpflichtung und übersehen dabei, wie wichtig Zweisamkeit und Rückhalt doch sind. 

 

Dann leben sie im Jetzt und Hier,

stillen dank Lovoo und Tinder ihre Gier
nach Fleisch und Lust für eine Nacht,

doch wählen nicht mehr mit Bedacht

einem Partner, mit dem sie geh'n durch dünn und dick

sondern nur nach Geilheit des Augenblicks,

verschenken unbewusst Ihr Lebensglück

und schauen später ganz sicher verbittert zurück.

 

Denn irgendwann ist der Zug abgefahren, das Morgen dann schon gestern und das Heute verblasst. Denn auch wenn WIR im Augenblick leben und gerade jetzt den Stillstand spüren, so ist die Welt, so ist die Zeit doch im Fluss. Selbst wenn wir stehen, ist alles in Bewegung.  

Und das ist der eigentliche Abfuck!
Bewegender Stillstand.