Lieblingsfarbe Schwarz

13.-19.05.2018


Ich weiß nicht, ob man es mir ansieht, aber ich habe eine Lieblingsfarbe:

Schwarz.


Jetzt werden wieder irgendwelche Physikstudenten oder Galileo-Fans erklären, dass Schwarz (wie auch Weiß) ja gar keine Farbe sei. Sondern nur die Folge von Farbaddition und –Subtraktion.

Danke für diese Lebensweisheit…

Ich habe es in der Praxis probiert. Ergebnis: unbefriedigend. Geht mal zu H&M und fragt nach einer Hose im Look der vollständigen Farbaddition. Da bekommt Ihr alles, aber keine schwarze Hose. 


Trotzdem kann Schwarz mehr als eine Farbe sein. Zum Beispiel ein 

ästhetischer Geschmack, ein Hang zum morbiden,

ein Leben in Moll, kleinen Terzen zum Verlieben,

Totenköpfe als Spardosen oder Bilder an der Wand,

sowie als Tattoos auf Armen und Ringen an der Hand! 


Oder einfach alles was düster ist - musikalisch wie auch filmisch oder dekorativ. Oder eine Lebenseinstellung bzw. vielmehr ein Lebensstil, ein Way of Life oder eben das, was im Laufe des Erwachsenwerdens sich so angesammelt hat und haften geblieben ist.


Als Risse, Sprünge und Narben auf dem Herzen,

für akute und längst vergessene Schmerzen,

für jeden Stich, den andere einem jemals versetzt,

und für jede Hautpartie die man sich jemals verletzt

hat. 


Aber ja, Schwarz färbt halt ab und hinterlässt Spuren. Wie die Turnschuhe im Sportunterricht früher, wenn die Halle so  einen glänzenden Belag hatte.



Das mag für den Einen oder die Andere jetzt traurig klingen. Und manchmal ist es das vielleicht auch. Und manchmal nicht. Und ziemlich häufig ist es beides zeitgleich. Traurig-schön. Wie Bilder von BastiBasti oder Filme von Tim Burton. Manches davon ist aktiv gewählt und ausgelebt. Manches kommt von ganz allein und unkontrolliert. Eines ist es allerdings ganz sicher nicht: Spinnerei.


Es gibt Momente, da kann Einen dieses Schwarz ziemlich erschrecken. Wenn man abends unterwegs  ist und eigentlich einen schönen Abend hatte. Beispielsweise im Caveau mit netten Leuten oder im Schlachthof auf einem coolen Konzert. 

Und dann 

läuft man einsam die Straße entlang,

und das Herz wird ganz plötzlich schwer,

sieht man einen Lichtkegel in der Ferne dann

erst als kleiner Punkt am Horizont - dann schneller immer näher,

und fühlt diese Anziehungskraft,

wie bei den Motten und dem Licht,

und es zerrt an einem ganz grauenhaft

ein Schritt zur Seite und alles ist gut – nicht

wirklich. Da heißt es dann Augen zu und warten, bis das Auto vorbei ist. 


Oder 

wenn aus heiterem Himmel die Stimmung kippt,

unerklärlich in ihr Gegenteil verkehrt,

ohne dass es einen erkennbaren Auslöser gibt,

der diesen Einbruch irgendwie erklärt.

In solchen Momenten versteht man sich selbst nicht, möchte sich am liebsten ohrfeigen und versucht es mit Müdigkeit oder Stress zu überspielen.



Manchmal habe ich das Gefühl, als ob es auf dieser Welt nur noch Menschen mit schwarzem Innenleben gäbe. Aber vielleicht ziehen sich Schattengeschöpfe auch einfach gegenseitig an. Auf jeden Fall scheinen die Menschen in meinem Umfeld prädominant Schattengeschöpfe zu sein. Das zieht sich irgendwie wie ein schwarzer Faden durch mein Leben. Das ist manchmal ziemlich schön, manchmal interessant und ziemlich häufig ziemlich schwierig.. Aber wenn sie Dich dann einmal ansehen… Das soll keineswegs das Ganze ins Lächerliche ziehen. Nur 

ist da ein Fünkchen Wahrheit vorhanden ,

denn auch wenn viele Menschen denken

Schattengeschöpfe wären nur zu Trauer im Stande,

ist dem nicht so, nein sie lenken

Emotionen aller Art auf ungeahnte Bahnen,

mit hohen und tiefen Extremen,

durchleben Emotionen so intensiv, kaum zu ahnen

für Lichtgestalten und deren Gefühlsleben.

Eben wie Tim Burton Filme. Traurig-schön, schaurig-faszinierend. 


Und dann gibt es Menschen, die einem erzählen, 

dass man sich das Leben selbst schwer mache, man müsse halt wählen

mit wem man sich abgibt und besser Acht geben,

um keine Schattengeschöpfe zu haben im Leben.


So als ob ich im Club meinen Röntgenblick anschmeiße

und nach versteckten Anzeichen der Depression suche 

und als allererstes, nachdem ich sage wie ich heiße,

eine Kur für zwei mit psychischen Problemen buche. 


Diese Menschen können sich dann oft nicht vorstellen, dass man selbst vielleicht auch etwas angedunkelt ist, weil man doch gar nicht so wirke. Man wäre doch 

häufig fröhlich, positiv, motivierend,

so stark, unterstützend, ein Ruhepol - inspirierend,

auf jeden Fall nicht so, ganz bestimmt nicht, nein, nein,

weil nicht ist, was nicht sein darf, kann das nicht sein.


In der Verwunderung führen sie es dann gern auf die Kleidung zurück. "Wenn ich ständig schwarz tragen würde, dann wäre ich auch so drauf". Klar... Als würde ein anderes Shirt aus einem einen anderen Menschen machen. Und dann erst diese Musik...



Natürlich hat es auch seine Vorteile, wenn man eine große Affinität zu Schwarz aufweist. 

Tinder zum Beispiel mit den ganzen Jeden-Tag-Sonnenschein-Carpe-Diem-Tralali-Tralalu-Mädels kann ich vergessen. EIN Match in 6 Monaten. Und da nicht mehr als 4 Nachrichten. Schwarzes-glueck.de läuft dagegen ganz gut… Und man mag es nicht glauben, auch dort wird gelacht.

Bei der Kleiderwahl am Morgen ist man die unkomplizierteste Person der Welt… Schwarz mit Schwarz und Schwarz. Mega einfach. Das dauert genau drei Handgriffe in den Schrank lang.



Und dann gibt es natürlich noch die schönen Momente: Wenn 

plötzlich Zeilen um Zeilen aus den Finger fließen

Songs von allein in Form sich gießen 

Unbehagen, Ziellosigkeit, in Struktur sich verwandelt

und Niedergeschlagenheit mit absoluter Kreativität verhandelt.


Dann melde ich mich plötzlich für Poetry Slams an, 

schreibe siegesgewiss Texte für‘s Finale sodann,

produziere Demos für mein Band auf lange Zugfahrten

oder einsamen Abenden- statt in Selbstmitleid zu baden.


Sogar einen Krimi habe ich zur Hälfte geschrieben. 


Denn wo ein Schatten, muss es auch ‘ne Lichtquelle geben,

diese leuchtet umso intensiver, überwältigend.

Diese Momente sind absolut lebens-

wert und manchmal sogar schon beängstigend. 


Ich habe versucht dieses letztbeschriebene Gefühl in ein kurzes Gedicht zu packen und da das Gedicht von der Länge her allein nicht für einen Slam reicht, dachte ich mir, es passt vielleicht ganz gut in diesen Text:


Lieblingsfarbe Schwarz

Wenn die Nacht so ruhig und still,

einbricht in ihrer Traurigkeit,

ich da lieg und nicht weiter will,

und frage, was mir denn noch bleibt:

Lieblingsfarbe Schwarz!


Der Mond höhnisch durch’s Fenster lacht,

so hell mir ins Gesicht dann scheint,

doch durchdringt er nicht meine Nacht,

denn in mir nur eine Farbe scheint:

Lieblingsfarbe Schwarz!


Wenn Mädchen, Frauen - bunt und laut,

die Tanzfläche im Caveau besetzen,

dann weiß ich hier gibt’s keine Braut

für mich, ich such nach and’ren Schätzen!

Lieblingsfarbe Schwarz!


Was soll ich denn mit knallig bunt?

Schon früh die Rosen schwarz gefärbt,

oh Rosenschwarz, so edel und

besonders, anders – so viel mehr wert:

Lieblingsfarbe Schwarz!


Ohne Kohle kein Diamant,

ohne Schwarz kein Funkellicht,

Dunkle Augen - tief, elegant,

drauf verzichten mag ich nicht.

Lieblingsfarbe Schwarz!


Wenn Du zu Deinem Synthie Pop,

Postpunk, New Wave die Hüfte kreist,

dann puckert es in meinem Kopf,

dann möchte‘ ich, dass Du eines weißt:

Du bist meine Lieblingsfarbe Schwarz!


Auch Du gleichst jenen schwarzen Rosen,

mystisch schön in dunklem Glanz,

zwischen dem Lächeln, Tanzen, Posen

weiß ich, dass Du blühen kannst.

In meiner Lieblingsfarbe Schwarz!


Mit Dir möchte ich die Welt malen,

auch wenn ich gar nicht zeichnen kann,

ich brauch kein gelb, kein blau, kein weiß

und auch keinen Zeichenplan.

Nur meine Lieblingsfarbe Schwarz!



Um ehrlich zu sein weiß ich gar nicht, warum ich diesen Text zum Besten gebe. Er ist nicht lustig und soll es auch nicht sein. Denn dieses Thema kann seine komischen Komponenten haben, ist aber verdammt nochmal ernst. Er ist auch nicht besonders tiefgründig, traurig oder spannend. Und wahrscheinlich ist er morgen schon wieder vergessen. Und das ist auch okay. Aber eines möchte ich Euch unbedingt mit auf dem Weg geben: Es gibt mehr als ein Schwarz. 50 Shades of Black. Und nicht jedem Menschen, der innerlich mit Dunkelheit zu kämpfen hat, sieht man es auch an. Wenn Ihr aber das Gefühl habt mit solchen Menschen zu tun zu haben, seid offen. Sprüche wie „Jeder ist mal traurig“, „Stell Dich nicht so an“, „Anderen geht es wirklich schlecht, nicht Dir“ oder ähnliches helfen garantiert nicht. Es kann 1000 Gründe und keinen dafür geben, dass Menschen mit ihren Dämonen zu kämpfen haben. Manchen kann man helfen, manchen nicht. Manche ziehen auch nur Menschen an, die unter der Schwärze leiden und müssen aufpassen nicht selbst in die Tiefe gerissen zu werden. Aber wie dem auch sei:

Seid nett zueinander und passt auf Euch auf. Denn viel zu schnell kann es passieren, dass man ratlos zurückbleibt und sich fragt, wo es nur so weit kommen konnte